Fairer Handel Kaffeemarkt

Fairer Handel am Kaffeemarkt: Warum er für die Bauern so wichtig ist

Den Begriff fairer Handel oder auch Fair Trade hat sicherlich fast jede(r) schon einmal gehört, seit Fair Trade als Trend um sich greift. Dabei ist “Fair Trade” die englische Bezeichnung für einen gerecht entlohnten Handel von Ressourcen und Rohstoffen, die sich dank der Organisation Transfair weltweit etabliert hat. Unter dem Fair Trade Siegel werden diverse Lebensmittel wie z.B. Bananen, Kaffee, Kakaobohnen, Honig und Zucker produziert und vertrieben, aber ebenfalls Produkte wie Blumen, Gold und Kosmetik. Außerdem wurde die Idee mit der Fair Wear Foundation mittlerweile auch auf die Textilindustrie übertragen.

In diesem Artikel erklären wir, warum fairer Handel unter dem Fair Trade Siegel oder “siegelloser” Direct Trade – wie bei unserem Happy Coffee – am Kaffeemarkt eine derart große Rolle spielt und was damit bei den Kaffeebauern bewegt wird.

1. Was bedeutet fairer Handel in Bezug auf Kaffee?

In erster Linie bedeutet fairer Handel die Zahlung von Mindestpreisen für Kaffeebohnen an die Kleinbauern in den Anbaugebieten, die ihre Produkte an die internationalen Groß- und Einzelhändler bzw. Röster weiterverkaufen. Dadurch ermöglicht ihnen Transfair, die Organisation hinter dem Fairtrade Siegel, menschenwürdiges Arbeiten und den Aufbau einer Existenz für ihre Familien aus eigener Kraft. Eine gerechte Entlohnung für Kaffeebohnen ist also der Grundstein.

Eine berechtigte Frage in diesem Zusammenhang ist allerdings, wie fairer Handel überhaupt funktionieren kann: Was ist überhaupt unfair an „normalem“ Kaffee? Wer bestimmt, welcher Bauer letzten Endes in den fairen Handel einbezogen wird? Was kostet das den Markt? Und wer garantiert dem Endkunden, dass sein Geld wirklich bei den Erzeugern ankommt? Das sind nur ein paar Fragen, die Kritiker am Fair Trade Siegel völlig zu Recht ständig stellen.

So funktioniert der herkömmliche Kaffeehandel

Der Kaffee Weltmarktpreis unterliegt dem volkswirtschaftlichen Grundprinzip von Angebot und Nachfrage, und entsteht unter anderem durch Handel an der Börse. Das hat zur Folge, dass der Preis für Rohbohnen, mit denen spekuliert wird, stetigen und teilweise extremen Schwankungen unterliegt. Diese Preisschwankungen wiederum wirken sich auf die Erzeugerpreise aus, welche die Kaffeebauern verlangen können, und die sich durch verschiedene Mechanismen stark drücken lassen. Denn im Kaffeehandel bestimmen nicht die Kaffeebauern selbst die Preise, obwohl sie ja mit den Bohnen den Rohstoff liefern, sondern die Händler! Deren Verhandlungsmacht ist groß und letztlich einseitig zu Ungunsten derer, die die Kaffeebohnen anbauen und ernten.

Wir bekommen diese Preisschwankungen für Rohbohnen als Konsumenten nicht immer mit bzw. nur latent, wenn es geringfügige Anpassung der Verkaufsreise für den gerösteten “fertigen” Kaffee gibt. Denn jenseits vom fairen Handel werden die Preisschwankungen meistens schon im Voraus für einen bestimmten Zeitraum durch Preisgrenzen aufgefangen. Ist der Preis auf dem Weltmarkt niedrig, so werden große Mengen an Rohbohnen von Händlern aufgekauft und eingelagert – bis der Preis wieder steigt. Der Kaffeebauer selbst bekommt von diesen Vorgängen auf dem Weltmarkt in der Regel nichts mit. Bei ihm steht eines Tages nur ein Exporteur vor der Tür, der einen bestimmten Preis für die Bohnen anbietet.

Fairer Handel - Kaffeebohnen

Kaffeebauern haben so gut wie keinen Verhandlungsspielraum 

Nach fairem Handel hört sich das nicht an, gerade wenn man sich vor Augen hält, dass etwa 85% des Kaffeehandels von ein paar Großkonzernen dominiert wird. Sie kaufen so große Mengen an Kaffeebohnen auf, dass die Marktmacht klar auf ihrer Seite ist und sie die Preise vorgeben – oder durch Spekulationsgeschäfte in eine Richtung drängen können. Der kleine Kaffeebauer hat als Erzeuger letztlich keinen Handlungsspielraum und nur zwei Optionen: Nimmt er das Angebot der Exporteurs nicht an, geht dieser einfach zum nächsten Kaffeebauern. Dann verschifft der Exporteur im Anbauland die aufgekauften Rohbohnen zu Zwischenhändlern und den verarbeitenden Unternehmen nach Übersee. Hier werden Importzölle, Kaffeesteuern und für jede Handelsstufe weitere Gewinnmargen aufgeschlagen – bis zum Endkundenpreis.

Obwohl Kaffeebauern das Rohprodukt – nämlich die Kaffeebohnen – liefern, bekommen sie vom hohen Endverkaufspreis in der gesamten Kaffeewertschöpfungskette nur den kleinsten Teil ab. Denn der Löwenanteil des Gewinns von diesem Exportgut verbleibt in den Märkten in Übersee!

Und es gibt ein weiteres Problem: Ein großer Teil des herkömmlichen Kaffees wird auf Großplantagen angebaut, weil diese ökonomisch gesehen effizienter sind. Dabei werden zwar nicht zwangsläufig Kleinbauern ausgebeutet, allerdings ist diese Produktionsweise nicht gerade umweltfreundlich. Um eine Kaffeeplantage zu kultivieren, werden in der Regel viele Hektar Regenwald gerodet. Die freigewordene Fläche ist nur wenige Jahre nutzbar, und dann ist der Boden ausgelaugt und bringt keinen Ertrag mehr. Einmal gerodeter Regenwald kann nicht wieder aufgeforstet werden. Er ist also unwiederbringlich weg, und damit auch der Lebensraum für unzählige Tiere, Pflanzen und Menschen. Nachhaltiger wäre Kaffeeanbau auf kleinen Fincas – aber Bauern, die sich dies leisten, sind für den globalen Handel meistens zu teuer. Ein Teufelskreis!

Fairer Handel- Kaffeeplantage

Kinderarbeit kommt relativ häufig vor

Gehören Kaffeeplantagen einzelnen Großgrundbesitzern, wird die anfallende Arbeit wie das Pflücken der Kaffeekirschen oft von Tagelöhnern und deren Familien verrichtet. Dass Kinder unterstützen, gilt in den meisten Ländern dieser Welt als selbstverständlich – ohne dass es die Einheimischen wohl als “Kinderarbeit” bezeichnen würden. Allerdings ist diese Selbstverständlichkeit vor allem aus der Not geboren: Arbeit gibt es nur während der Erntezeit, weshalb auf Plantagen kaum Festangestellte zu finden sind. Und die Entlohnung ist oft so niedrig, dass alle Familienmitglieder zum Essen auf dem Tisch beitragen müssen.

Die meisten Kinderarbeiter sind Tagelöhner und besuchen eine Schule nur bis zur vierten Klasse – oder gar nicht. Nach einem 10-Stunden-Tag auf der Plantage reichen die Zeit und die Kraft einfach nicht mehr aus, um Lesen und Schreiben zu lernen. Allerdings werden Kinder nicht nur für das Pflücken der Kaffeekirschen eingesetzt, sie müssen teils auch gefährliche Arbeiten wie das Einsprühen der Kaffeesträucher mit Pestiziden übernehmen. Die eingesetzten Toxine sind in der EU oft verboten und stehen in Verdacht (gerade ohne die erforderliche Schutzkleidung), Atemwegserkrankungen und Krebs auszulösen.

2. Beispiel Kaffee: Warum fairer Handel so wichtig ist

Was macht fairer Kaffeehandel nun anders? Das Fair Trade Siegel steht für die Zahlung von Mindestpreisen für Rohbohnen an die Kaffeebauern, um ihnen eine menschenwürdige Existenz aus eigener Kraft zu ermöglichen. Das macht vor allem deswegen Sinn, weil Kaffeebohnen größtenteils in Entwicklungs- und Schwellenländern angebaut werden. Außerdem werden Entwicklungsprojekte vor Ort gefördert und Umweltstandards (z.B. zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit) eingeführt.

Mindestpreise für Rohbohnen

Ein Mindestpreis für die Rohbohnen sichert nicht nur den Ausgleich der Produktionskosten inklusive Zugewinn und damit den Lebensunterhalt der Erzeuger, sondern garantiert auch die Entwicklungschancen in ihrem Umfeld. Dazu kann zum Beispiel das Einführen modernerer Anbaumethoden zum Wahren von Qualitätsstandards gehören. So sollen gerechte Handelsbeziehungen entstehen, um Lebensbedingungen der Kaffeebauern zu verbessern, die Binnenwirtschaft zu stärken und Weltwirtschaftsstrukturen aneinander anzugleichen.

Demokratische Strukturen und Kooperativen

Der faire Handel fördert gezielt die besonders benachteiligten kleinbäuerlichen Familien, die sich dafür zu Kooperativen und Genossenschaften zusammenschließen. In solchen demokratischen Strukturen sind die Bauern an allen wichtigen Entscheidungen direkt beteiligt und bekommen Gehör. Es gibt Abnahmegarantien, Vorfinanzierungen von Ernten und Schutz für Ernteausfälle, wenn z.B. der gefürchtete Kaffeerost (ein Schädling) die zarten Pflanzen trifft. Neben Entwicklungsprojekten zum Stärken der Ökologie wird mittels Fair Trade ebenfalls in Bildung und Frauenförderung investiert.

Fairer Handel - Frauenförderung

Fairer Handel und Direkthandel bringt Erzeugern Mehrwert

Die Entwicklung des Kaffeeweltmarktpreises in den letzten Jahren zeigt, wie wichtig fairer Handel ist – denn er liefert echten Mehrwert für die Erzeuger. Das liegt daran, dass sie an dem Endverkaufspreis stärker beteiligt werden und nicht der Großteil der Gewinnmargen bei den verarbeitenden Konzernen im Inland hängenbleibt. Aber ja, es stimmt: Fair Trade Kaffee ist etwas teurer. Dafür trinkst du ihn auch mit gutem Gewissen. 

Was viele nicht wissen: Direct Trade stellt eine Alternative zu Fair Trade dar. Direkthandel basiert ebenfalls auf fairen Löhnen für Kaffeebauern und Entwicklungsprojekten, wird aber nicht durch eine übergeordnete Organisation, sondern von den Vertragspartnern direkt gesteuert. Das sorgt sogar für noch mehr Transparenz, wo das Geld aus den höheren Verkaufspreisen letztlich landet. Mehr über Direct Trade erfährst du im Artikel über unseren Happy Coffee aus Chiapas in Mexiko.

Fairer Handel - Rohkaffee

In einer Industrienation wie Deutschland kaum denkbar leben mehr als 85% der Bevölkerung von typischen kaffeeproduzierenden Ländern wie Papua Neuguinea in ländlichen Gebieten. Landwirtschaft ist daher zusammen mit Forstwirtschaft und Fischerei oft der größte und wichtigste Industriezweig, der den Lebensunterhalt ganzer Nationen bedingt. Fairer Handel und Direkthandel trägt dazu bei, dass die Erzeuger in diesen Ländern gut und nachhaltig wirtschaften können.

Unterstützung von Bildung und Rechten der Kinder

Obwohl Kinderarbeit in vielen Kaffeeanbauländern verboten ist und Mindestlöhne für Arbeiter vorgeschrieben sind, kümmern sich weder die Regierung noch die Plantagenbesitzer um die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen. Das macht Kinderarbeit sehr wahrscheinlich und einfach – und sie ist nicht nur anstrengend und gefährlich, sondern geht auch zu Lasten der Schulbildung. Darum sind private Unternehmen und die Konsumenten gefragt, etwas dagegen zu tun! Und fairer Handel bzw. Direkthandel haben die Ächtung ausbeuterischer Kinderarbeit als erklärtes Ziel. 

Beispielsweise stammt unser direktgehandelter Happy Coffee von Kleinbauern in verschiedenen Regionen, die sich über Kooperativen organisieren. Die Felder, sie bewirtschaften, gehören also keinem Großgrundbesitzer, sondern ihnen selbst! Von dem Mehrpreis, den sie dank Direkthandel für ihre biologisch angebauten Rohbohnen erhalten, können sowohl der Schulunterricht als auch die medizinische Versorgung der Kinder gesichert werden. Zwar helfen die Kinder ihren Eltern nach wie vor, aber sie dürfen dabei nicht ausgebeutet werden – keine Erwachsenen-Arbeitstage, keine gefährliche Arbeit, dafür aber Schulbesuch und genug Zeit zum Spielen. Davon überzeugt sich unser Team auch selbst im Rahmen der Kaffeereisen, die wir immer wieder in die Anbaugebiete unternehmen.

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Fotos im Text: Melanie Böhme.

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Christian ist Kaffeeblogger seit 2008, leiderschaftlicher Home-Barista und Gründer und Geschäftsführer der Happy Coffee GmbH. Seit 2015 liefert er jeden Monat über den Online-Shop frisch gerösteten Kaffee aus fairem Direkthandel an tausende Kunden. Sein tiefgreifendes Wissen über Kaffee teilt er regelmäßig hier im Blog.


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